Eigentum und die Bereitschaft zu teilen – auch deine Privatsphäre

Eine gewisse Grundbereitschaft, Dinge mit deinen Mitbewohnern/innen zu teilen, ist in einer Wohngemeinschaft fast unumgänglich. Alles jederzeit mit allen zu teilen ist in einer WG aber nur bedingt empfehlenswert. Wenn du z.B. freizügig dein eigenes Essen zum Vorrat für alle erklärst, ganz besonders wenn es z.B. Gummibärchen oder Knabbereien sind, dann darfst du dich nicht wundern, wenn das Zeug auch wegkommt. Sprecht gemeinsam über die Grenzen des Teilens und schafft Klarheit, beispielsweise durch die oben erwähnten separaten Fächer im Kühlschrank oder eine Kennzeichnung von Lebensmitteln mit Post-Its.

Die Privat- und Intimsphäre deiner Mitbewohner/innen sollte heilig sein. Redet darüber, ob die geschlossene Tür eines privaten Zimmers auf jeden Fall «nicht stören» bedeutet oder ob man dann auch mal anklopfen darf. Sprecht auch ab, ob und falls ja in welchen Fällen es ok ist, die privaten Zimmer der anderen Mitbewohner/innen zu betreten.
Sinnvoll kann es diesbezüglich sein, ein bestimmtes «Notfallwort» zu definieren, das ihr schreien könnt, falls ihr mal Hilfe benötigen solltet. Schreibt euch dieses Notfallwort dann gross und fett auf einen Zettel und hängt diesen gut sichtbar in der WG auf – und verwendet das gleiche Wort dann um Himmels Willen nicht als «safe word» für eure privaten Spiele mit eurem Lebensabschnittspartner bzw. eurer -partnerin.

Auch wenn es peinlich ist, darüber zu sprechen: definiert gemeinsam eine deutlich sichtbare Aktion oder Geste, durch die ihr euch gegenseitig signalisiert, wann ihr in eurem privaten Zimmer auf keinen Fall gestört werden möchtet, wenn eure Freundin oder euer Freund zu Besuch ist. Das muss ja nicht unbedingt ein Schild sein, auf dem «Schäferstündchen» steht, das ihr dann an den Türgriff hängt, sondern kann auch etwas weniger Verfängliches wie z.B. eine deutlich sichtbare rote Schnur sein, die ihr am Türgriff befestigt.

All das heisst auf der anderen Seite auch, dass du z.B. die Tür zu deinem eigenen Zimmer offen lassen kannst, wenn du grundsätzlich ansprechbar bist und sein willst. Gilt das nicht, dann schliess deine Tür, wenn du deine Ruhe haben willst. Und wenn du deine Ruhe haben willst, beispielsweise um zu lernen, dann setz dich nicht in die Gemeinschaftsräume und erwarte dann, dass alle um dich herum still sind. Dein «Ruheraum» ist dein eigenes Zimmer und Rücksichtname bedeutet eben auch, von deinen Mitbewohnern/innen nichts zu erwarten, das sie nicht erfüllen können.

Auch gilt: Pfoten weg vom Eigentum deiner Mitbewohner/innen. Egal ob es ums Essen im Kühlschrankfach eines anderen, um eine Regenjacke, um eine Spielkonsole, ein Duschgel oder einen Ball handelt, den du jetzt einfach unbedingt haben willst...

Good to know: Was du in einer WG fürs Leben lernst?

Dass über die Bedeutung des Wortes «Eigentum» keine gesamtgesellschaftlich anerkannte Einigkeit herrscht.

Wenn du dir etwas ausleihen möchtest, dann frag auf jeden Fall vorher nach. Das Gleiche gilt beispielsweise und ganz besonders auch für die Post, Emails oder SMS deiner Mitbewohner/innen – auch wenn sie ihr Telefon oder ihren Laptop mal am Küchentisch liegen lassen.

Zu guter Letzt noch ein Ratschlag, der zwar eigentlich selbstverständlich sein sollte, in der Hektik des (Zusammen-)Lebens und der Verworrenheit von Beziehungen manchmal schwieriger umzusetzen ist, als man denkt: Die Freundin bzw. der Freund deiner Mitbewohner/innen sind tabu! «Brautraub» ist dahingehend eines der schwersten Vergehen in einer WG, also Finger weg von den Liebschaften deiner Mitbewohner/innen1.

Fun Fact: Dinge, die es in jeder WG gibt...

... die Pflanzenleiche. In jeder WG gab es einmal den Moment, während dem irgendein Mitbewohner bei IKEA war und sich gedacht hat, dass ein bisschen Leben und Grün der WG eigentlich gut tun würde, und deshalb mit einer viel zu grossen Palme nach Hause kam. Weil die Eigentumsverhältnisse und damit auch die Verantwortlichkeiten für diese Pflanze nie so richtig besprochen wurden, musste sie seither nur noch von einem gelegentlichen Schluck Bier, Wein oder Red Bull leben und ist deshalb defacto klinisch für tot zu erklären…


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